Robin Hood im Münchener Residenztheater

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„Wer ist Robin Hood“, frage ich mich. Wer ist dieser Mann, dessen Namen alle Welt kennt, den aber niemand je wirklich zu Gesicht bekam? Vielleicht findet sich im Residenztheater München die Antwort. Letzten Abend besuchte ich dort, zusammen mit meinem Bruder Christopher, die Vorstellung.

Robin Hood im Residenztheater: Kindervorstellung mit aktuellen Bezügen

Robin Hood soll auch für Kinder ab sechs Jahren geeignet sein – dann wollen wir uns mal überraschen lassen! Bereits als wir die Plätze eingenommen haben, bemerken wir den aufwendigen Bühnenaufbau: ein Wald auf Stelzen und eine dreistöckige mittelalterliche Burg. Kurz vor Vorstellungsbeginn lugt der schelmische Held, Thomas Lettow, kurz durch den Vorhang und bittet die Kinder, ihn nicht zu verraten. „Das werden die Kinder nicht tun, denn sie wollen den Hallunken ja die Überraschung nicht verderben“, scherzt mein Bruder.

v.l. Pauline Fusban (Scarlett Will), Thomas Lettow (Robin Hood), Max Koch (Little John), Alfred Kleinheinz (Bruder Tuck) (#1)

v.l. Pauline Fusban (Scarlett Will), Thomas Lettow (Robin Hood), Max Koch (Little John), Alfred Kleinheinz (Bruder Tuck) (#1)

Und dann geht es auch schon los, wir erwarten gespannt die Szenerie zwischen den Räubern, „Revolutionären“ im Wald und der Obrigkeit. Da wäre da natürlich der Sheriff von Nottingham, der für Recht und Ordnung sorgen möchte. Im Auftrag des Königs agiert der Sheriff mit skrupelloser Gewalt und Gewissenlosigkeit. Bereits am Anfang bekamen wir zu sehen, wie er – wohlgemerkt von seinem Assistenten – ein Bauernhaus beschlagnahmen und abtransportieren lässt. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, bringt er die ohnehin schon armen Bauern um ihre Existenz. Ein klarer Fall für Robin Hood, denke ich mir. Aber der Sheriff beeindruckt mich und ist in meinen Augen ein Bösewicht, der gut in die alten Hollywood- Produktionen passen würde! Der König alias Manfred Zapatka geht sogar noch einen Schritt weiter: Er kaufe die Lehrer, Messi UND sogar Ronaldo! Mein Bruder, der Fußball-Fan ist, kann sich hier eines Lachens nicht erwehren.

Robin Hood, der selbst ernannte Rächer, ist hingegen anders, als man sich ihn vorstellt: mit ruhiger Sprechweise agiert er eher demokratisch, ungeschickt und ein bisschen tollpatschig – und doch merke ich, wie Thomas Lettow voller Kraft und Leidenschaft den Robin Hood spielt. Auch der fiese Assistent ist durch und durch böse und stellt den einfachen Bürgern immer wieder Hindernisse in den Weg. Doch dann kommt alles anders: als der Sheriff einen Zaubertrank vorgesetzt bekommt, weigert er sich wegen seiner Spinatallergie, diesen zu trinken, und setzt ihn stattdessen seinem Assistenten vor. Thomas Gräßle verwandelt sich dann in einen guten Kerl – und springt sogar in den Zuschauerraum, um „Jupidu“ zu singen. Das finden selbst wir Erwachsenen lustig.

v.l. Arthur Klemt (Amme), Mathilde Bundschuh (Lady Marian), Thomas Lettow (Robin Hood), Max Koch (Little John), Alfred Kleinheinz (Bruder Tuck), Thomas Gräßle (Guy of Gisbourne) (#2)

v.l. Arthur Klemt (Amme), Mathilde Bundschuh (Lady Marian), Thomas Lettow (Robin Hood), Max Koch (Little John), Alfred Kleinheinz (Bruder Tuck), Thomas Gräßle (Guy of Gisbourne) (#2)

Fasziniert werden wir zum Schluss Zeugen des einberufenen Bogenschießen-Wettbewerbes auf der Bühne: Robin Hood muss sich – als Batman mit Zorro-Akzent, wohlgemerkt – gegen den Sheriff und seine Schergen behaupten, bekommt aber Hilfe von seinen treuen Freunden Lady Marian (Mathilde Buntschuh), Scarlett Will (Pauline Fußban) und natürlich Bruder Tuck (Alfred Kleinherz). Vor allem Scarlet Will agiert als souveräne und freche Heldin, die sich nicht in Schranken weisen lassen möchte – schon gar nicht von Männern! Zum Schluss gibt es im Residenztheater München auch noch eine waschechte Prügelszene á la Matrix zwischen Hood und Nottingham – so macht Theater doch Spaß!

Nach der Robin Hood-Vorstellung im Münchener Residenztheater resümieren mein Bruder und ich über die Darbietungen des Abends. Es gab zwar viele Wortwiederholungen, aber auch Lacher und genug Stoff für Erwachsene: an aktuellen Bezügen wurde nicht gespart – von Panama Papers über Donald Trump, natürlich auch den Kapitalismus bis hin zum Milchpreisdumping. Selbst die Kulisse von „Robin Hood“ hat meinem Bruder sehr gefallen. Wer kann schon von sich behaupten, jemals einen Wald auf Stelzen gesehen zu haben? Die unterhaltsame Produktion mit vielen Lehren und Provokationen bietet Kindern zwei Stunden actionsreiche Unterhaltung, aber ich denke, auch Erwachsene wie wir finden Gefallen am modernen „Robin Hood“. Wem die Botschaften mal zu viel werden, der kann ja einfach die Actionszenen wie das Bogenschießen oder den glorreichen Fechtkampf auf sich wirken lassen. Lang lebe Robin Hood!


Bildnachweis: alle Fotos © Residenztheater / Julian Baumann

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