Klassischen Dramas: Eine Reise durch die Freytagsche Dramenpyramide
Aktuelles
2024-03-20 – Theater für die Demokratie: Deutsche Bühnenverein startet Kampagne am Welttheatertag
Am 20. März 2024 startete der Deutsche Bühnenverein eine Kampagne für die Demokratie zum Welttheatertag am 27. März 2024. Die Aktion bündelte Aktionen der Theater und Orchester für Freiheit und Vielfalt in der Gesellschaft, sichtbar gemacht durch eine eigens geschaffene Plattform. Erste Erklärungen und Aktionen wurden auf www.theaterfürdiedemokratie.de veröffentlicht. Dr. Carsten Brosda betonte die Bedeutung der Freiheit in der Bühnenkunst für eine lebendige Demokratie. Die Initiative entstand auf Initiative der Intendant im Deutschen Bühnenverein. Der Welttheatertag wurde weltweit am 27. März begangen, mit verschiedenen Aktionen zur Würdigung der Theaterkunst.
2024-02-19 – Junge Talente brachten Klassiker auf die Bühne.
Die Gustav-Heinemann-Oberschule präsentierte Abschlussinszenierungen 2024: Sophokles‘ Antigone und Shakespeares Macbeth. Unter der Leitung von Roman Böttcher und Jörg Reimer wurden die zeitlosen Werke von Jugendlichen interpretiert. Antigone wurde als politisches Drama neu beleuchtet, während Macbeth existenzielle Fragen aufwarf. Die Aufführungen fanden am 14./15. März (Antigone) und am 20./21. März (Macbeth) jeweils um 19:00 Uhr statt. Der Förderverein bot Theaterflair mit Getränken und Snacks für anregende Diskussionen vor und nach den Aufführungen.
Die klassische Dramatradition: Eine Reise durch die Epochen
Die klassische Dramatik, auch bekannt als aristotelisches Drama, wurzelt tief in der Geschichte und hat ihren Ursprung in den Werken antiker Philosophen wie Aristoteles. Schon im 5. Jahrhundert vor Christus entstand das Drama in Europa und fand seine prägende Gestalt durch Meister wie Aischylos, Sophokles und Euripides. Aristoteles selbst, ein Jahrhundert später, widmete sich intensiv dem Drama und versuchte, seine Formen und Funktionen zu erfassen und zu kategorisieren.
Das Drama war jedoch nicht nur ein Mittel der Unterhaltung, sondern wurde auch als Werkzeug der Katharsis betrachtet. Aristoteles glaubte, dass das Drama dem Publikum ermöglichte, intensive emotionale Zustände wie Angst und Mitleid zu erleben und dadurch eine Reinigung oder Läuterung der Seele zu erfahren.
Diese emotionalen Regungen, von Aristoteles als Affekte bezeichnet, wurden durch das Spiel auf der Bühne ausgelöst und durch rationales Reflektieren verarbeitet. Um diese Effekte zu maximieren, postulierte Aristoteles die Notwendigkeit einer stringenten Struktur im Drama, gekennzeichnet durch die Einheit von Zeit, Raum und Handlung.
Die Einheit der Zeit erfordert eine straffe Chronologie, ohne Sprünge oder zeitliche Brüche, während die Einheit des Raumes die Handlung auf einen Ort konzentriert. Ebenso sollte die Einheit der Handlung gewahrt bleiben, ohne unnötige Nebenhandlungen oder Sub-Plots.
Die klassische Dramatradition durchlief im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Entwicklungen und Interpretationen, blieb jedoch stets ein bedeutendes und einflussreiches Element der literarischen und kulturellen Landschaft.
Die Theorie des Dramas und ihre Klassiker
Die Konzeption eines gelungenen Dramas, wie sie von Aristoteles vorgestellt wurde, und die Idee der Katharsis, der emotionalen Reinigung des Publikums, sind eng mit den drei Einheiten verbunden.
Über die Jahrhunderte hinweg hat die Dramentheorie eine faszinierende Entwicklung durchlaufen, die immer wieder die optimale Form eines Dramas untersucht, verfeinert und gelegentlich neu interpretiert hat. Ein Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist das „geschlossene Drama“, wie es von Volker Klotz in der deutschen Literaturwissenschaft des 19. Jahrhunderts benannt wurde.
Diese Phase sah eine Wiederbelebung des klassischen Dramas während der Weimarer Klassik, einer Periode geistiger und kultureller Blüte, die von Größen wie Friedrich Schiller, Johann Wolfgang Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder geprägt war. Während die Weimarer Klassik keine einheitliche Definition hat, ist es doch bemerkenswert, dass Goethe nach seiner Italienreise und den dort gesammelten Eindrücken zu klassischen dramatischen Formen zurückkehrte.
Video: Aufbau eines Dramas (1) – Akt & Szene – Funktion & Aufbau nach Aristoteles erklärt – Dramenanalyse
Die Einflüsse der antiken Kunst, die er in Italien erlebte, beeinflussten zweifellos seine Denkweise.
Sein Werk „Faust I“ war noch von einer rebellischen Haltung des Sturm und Drang geprägt, doch mit der Klassik entwickelte sich ein Streben nach Harmonie und Vollkommenheit, das sich auch in den klassischen Dramen und ihrer Struktur widerspiegelte.
Die Freytagsche Dramenpyramide und ihre Rolle in der Dramenanalyse
Akt | Beschreibung |
---|---|
Exposition | In der Exposition werden die Hauptcharaktere, der Handlungsort und die grundlegenden Konflikte eingeführt. Dies dient dazu, dem Publikum einen Überblick über die Ausgangssituation zu geben und die Grundlage für die folgende Handlung zu legen. |
Erregendes Moment | Der zweite Akt, auch erregendes Moment genannt, steigert die Spannung, indem er den Konflikt weiter vorantreibt und die Zuschauer tiefer in die Handlung hineinzieht. Hier werden auch oft weitere Intrigen und Komplikationen eingeführt, die die Handlung vorantreiben. |
Höhepunkt und Peripetie | Im dritten Akt erreicht das Drama seinen Höhepunkt. Die Spannung kulminiert in der Peripetie, dem Wendepunkt der Handlung, der oft eine unerwartete Wendung bringt und entscheidend für den weiteren Verlauf des Stücks ist. Dieser Akt ist der Höhepunkt des Dramas und führt zu einer intensiven Erfahrung für das Publikum. |
Fallende Handlung und retardierendes Moment | Nach dem Höhepunkt fällt die Handlung im vierten Akt ab. Hier werden die Konsequenzen der vorangegangenen Ereignisse offenbart, und die Spannung beginnt langsam abzunehmen. Oft wird in diesem Akt ein retardierendes Moment eingebaut, das den Schluss verzögert und die Spannung aufrechterhält. |
Katastrophe | Der fünfte und letzte Akt bringt die Lösung des Konflikts und das Ende der Geschichte. Die Katastrophe markiert den Abschluss des Dramas, in dem der Konflikt aufgelöst wird und die Handlung zu einem Abschluss kommt. Dies ermöglicht dem Publikum, die Reise der Charaktere zu einem befriedigenden Ende zu verfolgen. |
Die Charakteristika eines Dramas
Die dramatische Literatur, als eine eigenständige literarische Gattung, weist sieben wesentliche Merkmale auf:
- Konflikt: Im Drama steht der Konflikt im Mittelpunkt, der entweder positiv oder negativ gelöst werden kann und die Spannung der Handlung vorantreibt.
- Fehlen eines Erzählers: Im Gegensatz zu anderen literarischen Formen wie dem Roman oder der Kurzgeschichte gibt es im Drama keinen Erzähler, der die Handlung kommentiert oder die Gedanken der Charaktere wiedergibt.
- Figurenrede: Die Charaktere im Drama kommunizieren miteinander durch direkte Rede und innere Monologe, was Einblicke in ihre Gefühle, Gedanken und Motivationen gewährt.
- Regieanweisungen: Diese geben Anweisungen für die Inszenierung des Stücks und helfen den Schauspielern, sich in ihren Rollen zu orientieren.
- Bühnenaufführung: Dramen sind für die Aufführung auf der Bühne konzipiert und werden durch Schauspieler zum Leben erweckt.
- Fiktion und Simulation: Obwohl Dramen oft auf realen Ereignissen oder Emotionen basieren können, handelt es sich dennoch um fiktive Darstellungen, die eine bestimmte Realität oder Situation simulieren.
- Direkte Rede: Die Kommunikation zwischen den Charakteren erfolgt in direkter Rede, was den Dialog und die Interaktion zwischen den Figuren betont.
Weitere Aspekte des klassischen Dramas
Im klassischen Drama spielt die Fallhöhe eine entscheidende Rolle. Besonders wenn der Protagonist eine herausragende soziale Position innehat, wie etwa eine königliche oder klerikale Stellung, ist die Fallhöhe im Falle des Scheiterns besonders dramatisch.
Dies verleiht dem klassischen Drama eine einzigartige Qualität, in der oft die Ständegesellschaft und der soziale Status des Protagonisten eine bedeutende Rolle spielen. Das Konzept der Fallhöhe, das auf Arthur Schopenhauer zurückgeht, ist eng mit Aristoteles‘ antiker Dramentheorie verbunden.
Während im klassischen Drama Könige, Adelige und Prinzessinnen als Helden fungieren, änderte sich dies mit dem Aufkommen des bürgerlichen Trauerspiels. Plötzlich wurden auch bürgerliche Protagonisten für die Bühne geeignet.
Neben Aristoteles, Lessing und Freytag beschäftigte sich auch Friedrich Schiller intensiv mit der Funktion des Dramas. Als Schriftsteller und Arzt betrachtete er das Drama aus verschiedenen Perspektiven. In seinen Schriften betonte er die Bedeutung der schönen Seele sowie der Sinnlichkeit und Anmut.
Schiller argumentierte, dass Vernunft dazu verwendet werden kann, Affekte zu überwinden, und sah die Funktion des Theaters darin, das humanitäre Verständnis des Einzelnen zu fördern. So könne das Leben auf individuelle Weise bewältigt werden.
Video: Maria Stuart Zusammenfassung (Schiller)
Ständeklausel und Handlungsstruktur in Maria Stuart
Das Trauerspiel von Friedrich Schiller, Maria Stuart, fällt zunächst durch seine Rollenverteilung auf: Sowohl Maria Stuart als auch Elisabeth sind Königinnen, was mögliche Misserfolge mit einer hohen Fallhöhe verbindet und auf Schillers Orientierung an der Ständeklausel hinweist.
Die Einhaltung der drei Einheiten ist jedoch nur teilweise gegeben. Die Handlung erstreckt sich einerseits über Marias Gemächer, den Kerker, den Hinrichtungsplatz und die freie Natur, was für Abwechslung sorgt, jedoch nicht der Einheit des Ortes entspricht.
Da sich die Ereignisse innerhalb eines Tages abspielen, orientiert sich dies jedoch an der Einheit der Zeit. Auch die Einheit der Handlung wird nicht vollständig erfüllt, was jedoch das Stück besonders spannend macht.
Video: Maria Stuart, Vorgeschichte, historische Maria Stuart
Mehrere Nebenhandlungen, wie das Verhältnis von Maria und Mortimer oder von Leicester und Elisabeth, entsprechen nicht vollständig der Einheit der Handlung, obwohl sich der Hauptteil des Plots um die Rivalität der beiden Protagonistinnen dreht.
Schillers Werk fokussiert besonders auf die Gegensätze zwischen den beiden Königinnen. Maria wird als naturverbunden, affektiv und schön beschrieben, während Elisabeth als vernünftig, rational, kühl und weniger attraktiv dargestellt wird.
Diese Unterschiede ziehen sich durch das gesamte Stück und bieten dem Publikum eine Reise voller Kontraste.
Die Katastrophe des Stücks, bei der Maria scheinbar im Frieden mit sich selbst stirbt, regt zum Nachdenken und Reflektieren an – ganz im Sinne der Katharsis und Schillers Dramentheorie.