Ein konservativer Franzose umringt von multikulturellen Schwiegersöhnen in spe: Die Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ feiert im St. Pauli Theater Premiere.
Michael Prelle glänzt in der Rolle des Monsieur Claude im St. Pauli Theater Hamburg
Es ist noch nicht allzu lange her, als ich mit einer guten Freundin im Kino saß und die Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ anschaute. Schon damals zog mich die Geschichte in ihren Bann, denn der Stoff ist amüsant aufgearbeitet und bietet mit ernsten Themen wie Toleranz und Fremdenfreundlichkeit gleichzeitig eine Menge diskussionswürdigen Zündstoff an.
Umso gespannter sind wir – übrigens in derselben Besetzung wie einst im Kino – nun Zuschauer von einer der ersten Aufführungen des gleichnamigen Theaterstückes von Stefan Zimmermann. Bereits das Bühnendesign macht uns klar, dass die Geschichte im Vordergrund steht: Es kommt schlicht daher, ohne Prunk und Glamour stehen lediglich einige Tische und Stühle im Raum, begleitet werden diese von großformatigen Fotografien, welche Aufnahmen von Paris und der französischen Provence zeigen.
Ein konservativer Franzose umringt von Multikulti
Prelle spielt für mich sehr überzeugend den erzkonservativen Notar vom Lande. Mit seinem verhärteten Herz voller Nationalstolz ist er tief erschüttert, als er von den Hochzeiten seiner Töchter mit einem Araber, einem Juden, einem Afrikaner und einem Moslem erfährt. Prelle gibt dabei den typisch französischen, stolzen Patriarchen ab.
Seine Bewegungen spiegeln sich in seinen Worten wider – und umgekehrt. So setzt er teilweise einen beinahe blinden Blick auf, wenn ihm etwas nicht gefällt – der schwarze Freund seiner jüngsten Tochter zum Beispiel. Dennoch kann er es nicht ertragen, wenn ihn jemand einen Rassisten nennt.
Kennenlernszene in „Monsieur Claude“ bringt die Lachmuskeln zum beben
Lange müssen wir nicht auf die Szene warten, in der die Tochter Claudes ihren aktuellen Freund vorstellt. Zunächst erwarten ihre Eltern einen ebenso frommen Katholiken – und reagieren sichtlich irritiert, als die Tochter mit einem dunkelhäutigen Mann durch die Tür tritt. „Mit wem kommt sie da, wer ist das?“, fragt Claude verunsichert, um im selben Augenblick zu mutmaßen, es sei der Chauffeur. Schnell ist jedoch klar, dass es sich um den zukünftigen Schwiegersohn handelt.
Mit dem ungewollten Schwiegersohn Charles (Patrick Abozen) ergeben sich eine Menge Debatten und ein großes Konfliktpotential – wir folgen diesem amüsiert und stellen fest: Diese Art von Rassismus ergibt sich auch im Alltag und dieser Kampf der Kulturen ist zumindest innerhalb dieser Räumlichkeiten durchaus unterhaltsam. Als Zuschauer bekomme ich das Gefühl, dass es in dieser Art durchaus auch mal in Ordnung sein kann, über kulturelle Differenzen zu schmunzeln. Besonders im Gedächtnis bleiben mir dabei die Sticheleien der Schwiegersöhne untereinander – denn auch diese machen aus ihren Vorurteilen keinen Hehl.
Alkoholische Getränke schweißen Familienoberhäupter zusammen
Sehr unterhaltsam wird das Stück für uns, als die beiden Familienoberhäupter schließlich aufeinandertreffen. Der Vater von Charles, gespielt von Eric Lee Johnson, ist nämlich ebenso wenig begeistert von seiner baldigen angeheirateten Verwandtschaft – als altgediegener afrikanischer Offizier ist er strikt gegen die Verbindung seines Sohnes mit einer weißen Französin. Eine Annäherung der beiden konservativen Väter erfolgt witzigerweise über ein gutes altes Glas Rotwein – dann geht es auch einmal politisch korrekt zu, kein „Mohrenkopf“ mehr, sondern ein „Schaumkuss“.
Monsieur Claude im St. Pauli Theater: Punktgenauer und intelligenter Humor
„Das Stück hat mir sehr gut gefallen und steht dem Film um nichts nach“, erwähnt meine Freundin Isabelle, als wir uns nach der Vorstellung dem Ausgang nähern. „Ja, ich empfinde die Dialoge als witzig und intelligent. Einzig und allein aus dem Ende hätte man noch mehr herausholen können – die Witze waren stellenweise etwas zu brav“, erwidere ich. Wer intellektuelle Dialoge auf höchstem Niveau sucht, sollte besser bei Shakespeare oder Goethe bleiben – kurzweilige Unterhaltungen und intelligenten Humor bringt die Inszenierung am St. Pauli Theater in Hamburg jedoch auf alle Fälle mit.
Bildnachweis: www.st-pauli-theater.de ©Hanna Glück